Die Passionskirche lädt herzlich zum Rundgang ein
Wenn Sie die Passionskirche betreten, begegnet Ihnen ein klarer, schnörkelloser Raum. In der Konzeption dieses Raumes, in der Ausstattung und so manchem Detail stecken der Glaube und die Frömmigkeit der bauenden Generation von vor 50 Jahren.
Die Passionsgemeinde heute lebt, hört und feiert in dieser Kirche die lebendige Begegnung mit Gott.
Der Bau der neuen Kirche war für die Gemeinde und für den Kirchenvorstand ab 1965 eine Herausforderung.
Zur Finanzierung wurde ein Kirchenbauverein gegründet. Viele Gemeindemitglieder konnten ihre Vorstellungen einer modernen Kirche einbringen. Die Architekten Friedrich Zeitler und dessen Sohn Hans realisierten die Visionen von Kirche im Siemensviertel und präsentierten die Gegenüberstellung von Beton und Backstein. "Der erste Entwurf war überwältigend", erinnerte sich einmal Herr Elfrath, der sich als Kirchenvorstand im Kirchenbauverein einbrachte. Einer Zustimmung zum Bau stand von Seiten der Gemeinde nichts im Wege.
Allerdings lehnte die Gesamtkirchenverwaltung München den Entwurf als viel zu groß und zu teuer ab. Deren Forderungen ließen eine Fläche von 1 m² und maximal 10 m³ umbauten Raumes pro Sitzplatz einschließlich Turm zu. Die Pläne mussten also verkleinert werden. Dabei entstand ein fast quadratischer Grundriss und von der ursprünglich geplanten Apsis blieb nur ein Knick direkt hinter dem Altar.
Am 10.11.1968 fand die Grundsteinlegung zum Bau der Passionskirche statt. Am 5.4.1970 wurde die neue Passionskirche eingeweiht.
Aus einem Brief von Elisabeth Zeitler über ihren Vater Friedrich Zeitler wird zitiert: "Da sind die starken Mauern des Hauses und in diesen befinden sich, ohne den Feste-Burg-Charakter wesentlich zu unterbrechen, gewissermaßen zwei Lichtzeichen. Diese Lichtzeichen aus Glasbrocken und Beton stellen beide zarte Tiere dar, ein Lamm und eine Taube".
Die Passionsgemeinde hat sich im Laufe von über 50 Jahren gewandelt. Traditionen sind tief verwurzelt im Gemeindeleben, doch die Ausdrucksformen der Spiritualität ändern sich. Ob zur stillen Andacht, der Verkündigung des biblischen Wortes, zum Gebet oder zum Konzert - in die Passionskirche kommen Menschen mit ihren persönlichen Gedanken.
Der gradlinige Backsteinbau wurde für viele Menschen eine Heimat. Für Andere ist es ein Erinnerungsort, an dem er oder sie konfirmiert, getraut oder getauft wurde.
München 5.4.2020
Der Altar
Ganz bewusst wurde der Altar aus hellem Travertinstein mit zurückhaltenden Gravuren von der Bildhauerin Inge Seyffart geschmückt. Die Getreideähren und Weinreben gelten als Zeichen für Brot und Wein im Abendmahl.
Der Passionsgemeinde wurde am 17. Juni 1990 die vergoldete Auferstehungssonne von Goldschmied Peter Luther aus Hagenbüchach überreicht, die seither auf dem Altar steht.
Unter dem Altar befindet sich der Ort der Grundsteinlegung Im Jahre 1968.
Mit den weißen Paramenten werden Altar und Kanzel in der Osterzeit und in der Weihnachtszeit geschmückt.
Die liturgische Farbe Violett zeigt die Fastenzeiten Im Advent und in der Passionszeit an. Diese Paramente sind von Ingrid Ramm gearbeitet worden.
Die grünen Paramente für die Trinitatiszeit stellen symbolisch die Dreifaltigkeit dar.
Die schwarzen Paramente werden am Karfreitag verwendet. Sie stammen aus der Werkstatt von Inger Gulbransson (1911-2015).
Die Auferstehungssonne
Seit Juni 1990 leuchtet das Altarkreuz des Silberschmieds Peter Luther auf dem Altar.
Es trägt den Namen "Auferstehungssonne". Dieser Name kam aus der Gemeinde und nicht vom Künstler. Peter Luther stimmt dieser Bezeichnung aber ausdrücklich zu und sieht sich damit in seiner künstlerischen Intention verstanden.
Im Hintergrund ein Kreuz aus oxidierter Bronze, aber nur ein Rahmen, eine Silhouette, durchscheinend wie eine überwundene Erinnerung, davor die vergoldete leuchtende Sonnenscheibe, auf der Christus mit ausgebreiteten Armen gleichsam schwebt.
Damit ist auf dem Altar das Passionsgeschehen zur Vollendung gekommen:
Die Ostersonne, die im vierten Passionsfenster noch hinter dem groß aufragenden Kreuz aufsteigt, hat das Kreuz durchdrungen und überwunden. Hier tritt uns der Auferstandene entgegen, der uns mit segnender Gebärde mit offenen Armen willkommen heißt.
Aus der Passion im Sinne der Leidensgeschichte wird die Passion als Leidenschaft Gottes für die Menschen, die er zu sich einlädt.
Das Wandkreuz
Das frei vor der Ostwand schwebende Kreuz und die acht Kerzenleuchter in Aluminiumguss und Plexiglas hinter dem Altar sowie das Bibelpult in Plexiglas sind in der Werkstatt des Gold- und Silberschmieds Prof. Hermann Junger (1928-2005) gefertigt worden.
Die Taufschale aus 925/000 Silber wurde mit einem Eisenring auf einem schlichten Steinsockel aus Travertin befestigt.
Münchens Ruf als internationaler Brennpunkt der zeitgenössischen Schmuck-Avantgarde geht wesentlich auf Hermann Jüngers Gold- und Silberschmiedeklasse zurück, die er als Professor an der Akademie der Bildenden Künste München von 1972-1990 leitete.
Neben seinem Körperschmuck erstellte er vor allem in den 1960er Jahren Kirchenschmuck.
Das Fenster über dem Taufstein
Die Taube mit dem Ölzweig im Schnabel versinnbildlicht den Heiligen Geist.
"Die vollkommenste Form, der Kreis, bezieht sich in der kirchlichen Architektur durch Jahrhunderte hindurch auf Gott und damit auf den Täufling als Ebenbild Gottes.
Die Leichtigkeit des Fliegens und das Gewicht der Botschaft wird ausgedrückt durch Licht in starkem Material.
Die Botschaft lautet: dem Kind Gottes durch die Taufe und die Gemeinschaft, in die es aufgenommen wird, wird Hoffnung und Friede verheißen durch den Ölzweig (...), natürlich befindet sich unter der Taube Wasser: die Sintflut, der Jordan und das Wasser im Becken. Und der Taufstein wurde ikonografisch von alters her mit der Taube als dem Heiligen Geist verbunden." (Elisabeth Zeitler)
Dieses Betonglasfenster und ebenso das Fenster "Lichtzeichen-Lamm Gottes" wurden aus farbigen Dickgläsern mit einer verschweißten Armierung handwerklich von Elisabeth Zeitler ausgeführt.
Der Kerzenleuchter
Ganz in Aluminium gestaltet umfassen die Kerzen tragenden Arme die Weltkugel.
Genau frontal und aus größerem Abstand gesehen bilden die Leuchterarme ein luftiges Kreuz. Hier ist der Ort zum stillen Gebet.
Die Kirchenbesucher*innen sind herzlich eingeladen, eine Kerze zu entzünden und für einen Moment innezuhalten.
Der Leuchter wird auch als liturgisches Element im Gottesdienst verwendet, zum Beispiel beim Gedenken an die Verstorbenen am Ewigkeitssonntag.
Hamid Cordan aus Wolfratshausen hat diesen Leuchter im Jahr 2004 nach den Wünschen des Kirchenvorstands entworfen und gefertigt.
Bleiverglaste Farbfenster
von Günther Danco (1912-2000).
Hier ist in abstrahierter Form das Passionsgeschehen dargestellt.
Die folgenden Texte sind Auszüge aus den Meditationen von Dr. Susanne Schatz.
Gründonnerstag I: Kelch
Mt 26, 36-46
Zwei Hände halten einen Kelch,
rot gefüllt
und ein rotes Band -
rot wie Blut.
Ein Blutstrom-
Bild des Schreckens, des Verderbens,
aber auch Zeichen des Schutzes,
denn dem Blut wohnt das Leben inne.
Und ein Zeichen besonderer Verbundenheit,
mehr als hautnah, ungeschützt.
Gründonnerstag II: Verrat/Verhaftung
Mt 26,47-50
Der Blutstrom schafft eine dynamische Verbindung
zwischen allen vier Fenstern.
Ein Finger, Hand eines Menschen -
dieser Finger entblößt einen Menschen,
denunziert,
klagt an, liefert aus.
Angedeutete Gesichter,
Helme, Spieße und Stangen,
Soldaten, Masse ohne Individualität -
eine Szene subtiler Gewalt,
ein dunkles, verstörendes Bild.
Karfreitag I: Dornenkrone
Mt 27,27-30
Im Dunkel ist die Dornenkrone
mit spitzen Stacheln zu allen Seiten zu sehen.
Und der Blutstrom fließt.
Dieses Fenster ist heller als das vorige.
Es zeigt sich Licht am Horizont
und in der Dornenkrone;
die spitzen Dornen sind nicht einfach schwarz.
Die Krone selbst wird zum Zeichen.
Sie vereint tiefsten Schmerz
und das Versprechen der Rettung.
Karfreitag II: Golgatha
Mt 27, 31 • 33-37 • 45-50
Der Blutstrom bäumt sich noch einmal auf.
Das Kreuz ist aufgerichtet,
der Ort des Schmerzes,
der Ausweglosigkeit,
der totalen Ohnmacht,
des Todes.
Und doch gibt das Licht auf diesem Fenster den Ton an.
Hinter dem Kreuz steht die Ostersonne -
gelb, weiß, strahlend.
Sie ist da,
nicht mehr allein Horizont,
sie ist über und unter dem Kreuz, umgreifend.
Das Dunkel gibt nicht mehr den bestimmenden Ton an.
Der Blutstrom kommt langsam an sein Ziel,
er ist zur Basis geworden,
auf der Neues entstehen kann,
zum Band der Liebe zwischen Gott
und seinen Menschen.
Das Hipp-Bild
"Zum Lobe Gottes" - nur das sagte Nikolaus Hipp zu seinem Bild, als er es der Passionsgemeinde im Jahre 2008 als Dauerleihgabe zur Verfügung stellte. Kein Name, keine Auflagen, kein Kommentar zum rechten Verständnis. Denn es handelt sich hierbei - wie es in der zeitgenössischen Kunst häufig der Fall ist - um ein Werk "ohne Titel". Die Betrachter werden an sich selbst zurückverwiesen und zu einer selbstständigen Deutung genötigt.
Nikolaus Hipp formuliert das damit verbundene Anliegen so: "Meine Bilder haben keine Titel, damit der Betrachter freier ist und seinen Gedanken nachgehen kann, um aus seiner Warte heraus zu Erkenntnissen zu kommen".
So begegnet uns das Bild mit seinen gestaffelten Farbfeldern mit Tönen von Gelb, Orange bis Ocker und strahlendem Weiß in der Mitte. Vor der verklinkerten roten Backsteinwand schwebt es scheinbar dynamisch in den Raum hinein. Der prominente Ausstellungsort direkt neben dem Altar und im Sichtfeld der Gottesdienstgemeinde verstärkt die religiöse Grundstimmung des Bildes.
Befinden wir uns vielleicht im ersten Tag der Schöpfungsgeschichte? Stürzt hier vielleicht die Mauer zwischen Mensch und Gott ein? Wird hier das Dunkel der angrenzenden Farbgläser endgültig durchbrochen, damit das Licht in der Auferstehungssonne am Altar zur Vollendung kommt?
Die Assoziationen und Deutungsmöglichkeiten für das Gemälde von Nikolaus Hipp bleiben unerschöpflich und werden bestimmt noch viele Menschen zum Nachdenken anregen.
Die Orgel
Die architektonische Gestaltung der Orgel fügt sich harmonisch in den Kirchenraum ein. Der Werkaufbau der Orgel ist deutlich erkennbar: links das Pedal, rechts davon das Hauptwerk, darunter das Schwellwerk.
Jedes Werk enthalt verschiedene Register, also Pfeifenreihen unterschiedlicher Bauart, die jeweils verschiedene Klangfarben erzeugen.
Die Orgel der Passionskirche hat zwei Manuale und ein Pedal mit insgesamt 16 Registern.
Im Hauptwerk | Im Schwellwerk | Pedal |
---|---|---|
Prinzipal 8' | Gedeckt 8' | Subbass 16' |
Rohrflöte 8' | Spillflöte 8' | Gemshorn 8' |
Oktav 4' | Holzflöte 4' | Oktave 4' |
Quinte 2 2/3' | Prinzipal 2' | |
Hohlflöte 2' | Blockflöte 1' | |
Terz 1' - 3/5' | Cromorne 8' | |
Mixtur 1 1/3' |
Die Firma Deininger und Renner aus Öttingen erhielt 1974 den Auftrag, eine mechanische Orgel zu bauen, die am 9. März 1975 eingeweiht wurde.
Im Jahre 2013 renovierte die Firma Deininger und Renner das klangschöne Instrument.
"Lichtzeichen" über der Orgelempore
Das Fenster zeigt das Lamm Gottes mit der Osterfahne.
"Den inhaltlichen Widerspruch zur Form erkläre ich mit den Worten des kraftvollen Schlusschores aus dem Messias von Händel:
Würdig ist das Lamm, das da starb und hat versöhnt uns mit Gott durch sein Blut, zu nehmen Stärke und Reichtum und Hoheit und Macht und Ehre und Weisheit und Segen...
Beides, Kraft und Verletzlichkeit werden hier angesprochen. Darüber hinaus kann man das Zeichen einfach als Ausweis in Bezug auf den Namen Passionskirche sehen oder wie eine "Briefmarke" auf der Fassade, wo dahinter im Inneren des "Briefes" die ganze geistliche Botschaft transportiert wird."
(Elisabeth Zeitler)
Der Holzbalken im Durchgang
"Dies soll der Leitspruch der Gemeinde sein" sagte Stadtvikar Siebert 1933 zu dem gewählten Vers aus Phil. 4,4.
Am 3. Sept. 1927 wurde der Kirchenbauplatz mit 6.600 m² gekauft und genau sechs Jahre später an der Tölzer Straße die sogenannte Notkirche eingeweiht, die 12 Jahre lang den evangelischen Christen in Obersendling als Gotteshaus dienen sollte. Sie diente aber über 37 Jahre lang der Verkündigung.
Am 1. April 1947 beschloss der Kirchenvorstand, der Notkirche den Namen "Passionskirche" zu geben.
Der Name sollte auf die Leidenszeit verweisen, in die die Kirchengemeinde während des nationalsozialistischen Staats geriet. Erst als die Notkirche und das danebenstehende Jugendheim zu klein wurden, entschloss man sich zu Beginn der sechziger Jahre zum Neubau.
Bis heute erinnert uns der Holzbalken im Durchgang zum Gemeindehaus an diese erste Kirche.
Die Steinskulptur auf dem Kirchenvorplatz
Der "Kreuz tragende Jesus auf dem Weg nach Golgatha" empfängt die ankommenden Besucher auf dem Kirchenvorplatz und lädt sie zum Ausruhen ein. Das schräg gelegte Kreuz erinnert seit dem 17.02.1972 an die Kreuzweg-Station der Passionsgeschichte.
Figur und Kreuz sind als Einheit auf dem Betonsockel in grobem Kalkstein gestaltet.
Die Skulptur an diesem Ort gehörte zum Plan der Architekten Zeitler.
Der Steinmetzmeister und Bildhauer Karlheinz Hoffmann (1925 - 2011) lebte am Starnberger See.
Drei Glocken im Glockenträger
Der bayerische Rundfunk mit seinem Sender Bayern 1 hat eine Rubrik, in der das Zwölfuhrläuten von Kirchen in Bayern gesendet wird. Am Sonntag, 16. März 2008, 12:00 Uhr, wurde das Zwölfuhrläuten der Glocken der Passionskirche übertragen.
Hier der Link zur Sendung Zwölfuhrläuten und hier direkt zum Geläut.
Im freistehenden Campanile hängen drei Glocken in einem Stahlglockenstuhl übereinander. Um mit diesen neuen Glocken und dem hörbaren Nachbargeläut der Kirche von St. Maria Thalkirchen eines der schönsten Glockenmotive, das Tedeum, zu erreichen, wurde auf die Schlagtonmelodie großer Wert gelegt.
Die Friedensglocke mit der Inschrift "ER IST UNSER FRIEDE" hat den Schlagton "es".
Die mittelgroße Glocke mit dem Ton "ges" trägt als Relief die Lutherrose und die Jahreszahlen 1483-1983.
Die kleine Glocke mit dem Ton "as" zeigt die Christuszeichen und die Ziffern 1933-1983. Damit wird auf das fünfzigjährige Jubiläum der Notkirche hingewiesen. Diese Glocken begleiten seither die Gottesdienste mit Ihrem reinen schonen Klang.
Am 25. November 1983 reiste der Kirchenvorstand der Passionskirche nach Passau in die Glockengießerei Perner zu dem außergewöhnlichen Erlebnis, dem Glockenguss der eigenen drei Glocken beizuwohnen.
Am Heiligen Abend 1983 erklang zum ersten Mal das Dreiergeläut in Obersendling.